Studiengang Informationswissenschaft (Master of Science)

Themenbereich: Business Information Engineering

Modulbezeichnung Information Behavior and Behavioral Economics   Modulbeschreibung als pdf laden
Belegnummer 4104
Studiengang / Verwendbarkeit Masterstudiengang Informationswissenschaft und verwandte Studiengänge: MA&S, OJ, WJ. Nicht geeignet für ehemalige Studenten der Studienschwerpunktrichtung „Wirtschaftsinformation“ des Darmstädter Bachelor-Studiengangs, die schon am Pflichtfach „Fortgeschrittene Betriebswirtschaftslehre“ (Advanced Business Administration) teilgenommen haben.
Modulverantwortliche(r) Prof. Dr. Bernd Jörs
Dozent(in) Prof. Dr. Bernd Jörs
Dauer 1 Semester
Credits 5 CP
Prüfungsart Prüfungsleistung: Dokumentation eigener empirischer Tests
Sprache Deutsch
Inhalt

Zu den wichtigsten und sich am dynamischsten entwickelnden Forschungs- und Anwendungsfeldern der modernen Information Science and Engineering-Welt der letzten Jahre gehören ohne Frage die fachübergreifenden Analysen des human information behavior sowie des human decision making, also die Fragen nach dem Informations- und Entscheidungsverhalten von Nutzern, Konsumenten und Produzenten. Für MasterstudentInnen wird es in Zukunft eine wichtige und wettbewerbsrelevante Qualifikation sein, über diese verhaltensökonomischen Einflussgrößen bei der Planung, Konstruktion, dem Design und der Analyse elektronischer Plattformen (im Sinne des Market Engineering) sowie der Implementierung von inhouse Information- und Suchmaschinensystemen (Enteprise Search) effizientere und nutzer- sowie usabilityfreundlichere Lösungen zu entwickeln bzw. zu optimieren. Gerade im Zeitalter des information bzw. relevance overload ein unumgängliches Alleinstellungsmerkmale für diese AbsolventInnen.

Beide Teildisziplinen sowohl das Information Behavior-Feld als auch die Verhaltensökonomie, letztgenannte hergeleitet aus dem angelsächsischen und der neuzeitlichen Hauptforschungsrichtung der modernen Wirtschaftswissenschaften, der Behavioral Economics, als neue Erklärungswissenschaft für „human decision making processes“, sollen hier behandelt und vertiefend vorgestellt werden.

Die damit verbundenen verhaltenswissenschaftlichen, meist auf experimentelle Forschungen (auch oder primär unter Laborbedingungen) basierenden Erkenntnisse sind stark verwoben mit den Forschungserfolgen der kognitiven Neurowissenschaften.
Nicht überraschend sind deshalb das Aufkommen und die Forderung nach einer mehr und mehr transdisziplinären „Informing Science“ (nicht information science) in der anglo-amerikanischen Wissenschaftslandschaft.

Diese hat sich in Form von interdisziplinären Institutsgründen und Kongressen explizit zum Ziel gesetzt:
The fields that comprise the transdiscipline of Informing Science (1) provide their clientele with information (2) in a form, format, and schedule (3) that maximizes its effectiveness”.

Dabei untersucht diese “informing science” (1) biological and psychological issues in how clients attend, perceive, and act on information provided (2) the decision making environment itself,  including its sociology and politics (3) issues involving the media for communicating information (4) error, bias, misinformation, and disinformation in informing systems.

Kenntnisse über das Informations-, Such- und Entscheidungsverhalten sind für den Bau und Betrieb elektronisch-digitaler Plattformen und Märkte von existenzieller Bedeutung:

  • So steht die Analyse von „user experience“ (UX), usability und information needs im Rahmen der neuzeitlichen Disziplin „Information Architecture“ zur Optimierung von Informationsvisualisierungs – und Informationswahrnehmungsprozessen ganz oben auf der Interessensagenda. Dies geht heutzutage nicht mehr ohne verhaltens- und neurowissenschaftliche Erkenntnisse, die in diese Problemstellung der professionellen Gestaltung  von „Content findability“ integriert werden muss, wie nicht zu letzt die Konferenzen zur Information Architecture-Entwicklung seit 2005 (zuletzt IA-Konferenz Köln 2010) nachhaltig belegen. Kenntnisse hierüber stellen ein absolut berufsrelevantes Alleinstellungsmerkmal dar, zumal die Content- und Context-Gestaltung davon stark geprägt sein dürften. Wer hier verhaltens- und neurobiologische bzw. neuropsychologische Kenntnisse umzusetzen weiß, wird effektivere, nutzerfreundlichere Such- und Informations(steuerungs)prozesse modellieren können, und damit das „finding“ und die Personalisierung optimieren.
  • Die mit der „Content findability“ verbundenen Teildisziplinen der „Suchmaschinenoptimierung“, des Suchmaschinenmarketing (Performance Marketing), accessibility oder media design werden – wie jetzt schon Versuche im Zusammenhang mit „behavioral targeting“ zeigen – sehr stark auf die Ergebnisse des Information Behavior und der Behavior Economics angewiesen sein. Hier sind dringend interdisziplinäre, über den Tellerrand gehende Betrachtungen des Nutzer- und dessen Informations-, Such- und Entscheidungsverhaltens einzubeziehen.
  • Ganz groß im Kommen und fast schon unverzichtbar sind derartige verhaltenswissenschaftliche Kenntnisse im Bereich des Online-Marketing-Segments der „Conversion Optimierung“. Gerade bei der Optimierung von E-Commerce-Lösungen (Online-Shops) sind wichtige Erfahrungen über die Verhaltensmuster der Nutzer existenziell für den Erfolg (www-konversionkraft.de), auch deren Einflussnahme spielt hier eine Rolle, nicht nur bei multivariaten A/B-Tests. Wie sollen also Seitenelemente aus verhaltenswissenschaftlicher Sicht präsentiert werden? Spielt die Reihenfolge von Produktpräsentationen eine Rolle ? Wie wirken farbliche Hervorhebungen, bestimmte Keywords oder Bilderplatzierungen? Wie schafft man Vertrauen?
  • Wird die linkbasierte (Google-)Suche bald vermehrt von der „sozialen“ Suche (à la facebook/microsoft) ergänzt oder gar abgelöst? Know-how über die Informations-, Entscheidungs- und Suchverhaltensmuster der Nutzer kann hier ein elementarer Wettbewerbsvorteil sein, vor allem dessen Steuerung.
  • Das gilt auch für die originäre informationswissenschaftliche Teildisziplin der Inhaltserschließung und Wissensrepräsentation. Nur die nutzerorientierte Anpassung an relevante Suchbegriffe und Suchprozesse werden passende (Facetten-)-Klassifikationen ermöglichen, gerade aus Sicht der zunehmenden Personalisierung von Such(unterstützungs)aktivitäten, z.B. im ganzen Bereich des website boosting. In diesem Zusammenhang sei nur auf die (Forschungs-)Intentionen in Richtung der „semantischen Suche“ oder der Vorstufe hierzu, den „Linked data“-Bemühungen, hingewiesen, die ohne solche Informationsverhaltenserkenntnisse schnell am Bedarf vorbei Softwarelösungen basteln oder auf rein linguistisch-syntaktischen Lösungen verharren. Somit wird auch die Ontologiemodellierung davon betroffen sein.

  • Die Informationsökonomie, besser die gesamten Wirtschaftswissenschaften gehen gerade einen quasi paradigmatischen Weg und versuchen verstärkt, neue Erklärungsansätze menschlichen Informations- und Entscheidungsverhaltens beim Wirtschaften unter Zuhilfenahme der Erkenntnisse der Behavioral Economics einzubeziehen. Während dies in den USA bereits seit Jahren vorangetrieben wird, reagiert man im deutschen Wissenschaftsbereich noch etwas zögerlich. Nichts desto trotz erhielt im letzten Jahr der an der Universität Zürich tätige Österreicher Ernst Fehr für seine grundlegenden verhaltensökonomischen Arbeiten die höchste Auszeichnung für Wirtschaftswissenschaftler in Deutschland und Reinhard Selten, einziger deutscher wirtschaftswissenschaftlicher Nobelpreisträger, leitet bis heute das „BonnEconLab“ der Uni Bonn, dem einzigen Laboratorium für experimentelle Wirtschaftsforschung, dass sich speziell auf die deutschen Forschung zur Behavioral Economics“ fokussiert.
  • Die Fähigkeiten des Managements die Informationsinhalte, z.B. der IR-Arbeit bzw. Corporate Communications richtig zu interpretieren, unterliegen kognitiven Informationsverarbeitungsgrenzen, was lange von der konventionell, am Ideal des stets „rationalen“ Entscheiders (homo oeconomicus) ausgerichteten Managementwissenschaft verdrängt wurde. So finden sich in der traditionellen Controlling-Literatur noch Formulierungen wie: man muss „die Rechnungsweseninformationen möglichst genau auf den Informationsempfänger ab(…)stimmen, damit dieser die besten Entscheidungen trifft“ (Preuß, 1991, S.241). Zum vertiefenden Verständnis z.B. des Corporate Communications-Segment der „Investor Relations“ – also der professionellen online- und offline-Kommunikation mit den Kapitalgebern – sind heutzutage u.a. fundierte Kenntnisse der modernen „Behavioral Economics“ bzw. des „Behavioral Finance“  unabdingbar. Nahezu alle Unternehmensbereiche, so auch die Unternehmenskommunikation, unterliegen heute der Notwendigkeit, auf die modernen verhaltens- und kognitionswissenschaftlichen, informationsökonomischen, informationspsychologischen und neurobiologischen Erkenntnisse und Erklärungsansätze zurückzugreifen. In den letzten Jahren haben sich deshalb in der Management Science eine Vielzahl von neuen Teildisziplinen der „verhaltenswissenschaftlichen Ökonomie“ mit Erfolg etabliert: Behavioral Finance, Behavioral Accounting, Behavioral Management, Behavioral Controlling etc.
    Folgende informationsökonomisch relevanten Fragen werden z.B. in der Unternehmenskommunikation, hier bspw. Im Bereich der  Investor Relation  gestellt:
    • Wie werden Informationen (der Unternehmenskommunikation) von den „Investoren“ überhaupt wahrgenommen (Informationswahrnehmung) oder nimmt der Mensch nur das wahr, was er wahrnehmen will bzw. werden neue Informationen nur in vorhandene (mentale) Konstrukte und Erfahrungsmuster „hineingepresst“ (=Konsistenzsuche)?
    • Wie werden Investor-Relation-Informationen (bzw. der Unternehmenskommunikation) im viel zitierten Zeitalter des „information overload“ verarbeitet? Gibt es wissenschaftlich- und praxiserprobte Techniken der (kognitiven) Informationsverarbeitung und Entscheidungsfindung?
    • Wie müssen Reports aufbereitet werden, um die damit verbundene Informationsabsicht zu erzielen?
    • Welche Verhaltensanomalien treten bei (sich sonst rational gebenden) Entscheidern auf?
    • Welche Manipulationskraft und Verhaltenswirkungen haben solche „gezielten“ Informationsaufbereitungen und Reportsgestaltungen der Unternehmenskommuni-kation auf die Entscheider?
    • Werden schnellere und bessere Entscheidungen aufgrund von (aggregierten) strukturierten Daten(berichten) oder Rohdaten, die es noch aufzubereiten gilt, getroffen?
    • Gibt es dabei Unterschiede zwischen analytisch und heuristisch ausgerichteten Entscheidern, auch hinsichtlich der Ergebnisqualität der Informationsauswertungen? Ist die IR-Arbeit auf solche benutzertypabhängigen Leser vorbereitet?

    • Stimmt dann folgende These: „Sind also Abnehmer von IR-Informationen nicht fähig, „einzelne Teile der ihnen berichteten vorstrukturierten und aggregierten Informationen aus dem Gesamtbild herauszulösen und einzeln zu interpretieren, so können sie die Informationen nicht für Entscheidungen verwenden“…“Sind sie mit der Interpretation ihrer Berichte überfordert,…, können sie die Kontrolle über ihre Bereiche…nur unzureichend ausüben“?
    • Treffen die IR-Informationen auf den eher analytisch (gradlinig, diszipliniert, systematisch, logisch, kontextunabhängig, modellorientiert, diskursiv, mathematisch-linear) denkenden Entscheider oder den eher heuristisch (intuitiv, lateral, sprunghaft, relational, holistisch, kontextgebunden) denkenden (muddling-through) Entscheider?
    • Sind die Nutzer der Informationsangebote der IR bzw. Unternehmenskommunikation insgesamt überfordert?
    • Passen die Abnehmer von Informationen ihre Informationsverarbeitungsprozesse und ihren Informationsbedarf bei geänderten Verfahrens- oder Methodenansätzen an oder bleiben sie im alten Trott „funktional“ gebunden (functional fixation) und registrieren nur ihre alten Informationenbedarfswerte?
    • Je mehr IR-Informationen, desto besser die Entscheidung?
    • Führt eine Informationsüberladung zu schlechteren Ergebnissen bzw. höheren Zeit- und damit (Opportunitäts)Kostenbelastungen?
    • Spielt die Reihenfolge der Informationen eine Rolle?
    • Welche Folgen hat eine erhöhte Informationsdiversität? Verschlechtern sich Entscheidungen, wenn die Entscheider mit wiederholt wiedergegebenen Informationen konfrontiert werden?
    • Führt eine zu starke Verdichtung der Informationen zu Fehleinschätzungen?
    • Veranlassen „euphorische“ Informationen zu zu optimistischen (Fehl-)Prognosen bei den IR-Zielgruppen?
    • Welche Rollen spielen IR-Veröffentlichungen aus der Vergangenheit?
    • Wird das Erfahrungswissen der IR-Verantwortlichen und der IR-Anspruchsgruppen permanent überschätzt bzw. werden nur bestätigende Informationen „gelesen“?
    • Wie entscheidend für den IR-Erfolg ist die Berichtsart?
    • Wozu werden die IR-Informationen primär genutzt: Entscheidungsfindung und/oder Prognostik und wie sollten die Informationsanforderungen hierfür gestaltet werden?: „So wird bestätigt, dass Manager der Zentrale „geframt“ sind, indem sie z.B. auf Informationen des Kapitalmarktes zu wenig oder keine Rücksicht nehmen. Sie formulieren deshalb ungeeignete Zielvorgaben. Weil sie sich nur auf interne Prognose stützen, laufen sie auch Gefahr, einmalige Ereignisse der Vergangenheit….überzubewerten. Es besteht auch die Gefahr, dass die Manager der Holding bei der Einschätzung der Eintrittswahrscheinlichkeiten von Marktentwicklungen die ihnen zugänglichen Informationen nur selektiv nutzen und Informationen über Grundwahrscheinlichkeiten von Ereignisse vernachlässigen“ (Burkhard Hirsch, Controlling und Entscheidungen, 2007, S.136). Oder an anderer Stelle: „So weisen empirische Studien nach, dass Akteure, wenn sie numerische Größen zu schätzen haben, die unsicher sind, nach einem Ausgangswert (Anker) suchen, von dem sie ihre Schätzung ableiten (S.136). „So zeigen experimentelle Untersuchungen, dass die spezifische Diskontrate eines Individuums stark von den Eigenschaften des zu bewertenden Kosten-Nutzenkalküls abhängt: Je größer der zu bewertende Cashflow ist, desto geringer ist die Diskontrate. Außerdem konnte nachgewiesen werden, dass Individuen für die Diskontierung von Einzahlungen wesentlich höhere Diskontraten verwenden, als sie dies für Auszahlungen tun.“ (S. 139)
Angestrebte Lernergebnisse
(Learning Outcome)

Das grundlegend angestrebte Qualifikationsziel dieses Fachmodul ist die Vermittlung von speziellen quantitativen und heuristischen Verfahrenstechniken der neuzeitlichen Information Behavior und der Behavioral Economics als Teil des Business Information Engineering und deren kritische Reflexion aus Sicht der Informationswirtschaft, der Informationspsychologie, der Neurowissenschaften und der Betriebswirtschaft, insb. des Marketing und der Mikroökonomie sowie den Transfer zum Behavioral Finance.

Erlernen professioneller Informationsaufbereitungen, -visualisierungen und - repräsentationen unter Berücksichtigung betriebswirtschaftlicher und kognitionswissenschaftlich-psychologischer Determinanten und Heuristiken der Informationswahrnehmung, Informationsverarbeitung und Informationsdistribution. Einführung in die experimentelle Ökonomie und den Problemkreis Behavioral Economics/Behavioral Finance .

Elementar für diesen zukunftsträchtigen wissenschaftlichen Untersuchungsbereich ist die Befähigung zur experimentellen Forschung. Hierfür sollen Interesse und erste Grundlagen geschaffen werden.

Eine Auswahl von inhaltlichen Fragestellungen lässt schon die Breite und Tiefe der Untersuchungsobjekte erahnen, die mit diesen verbundenen Teildisziplinen des Information Behavior und Behavior Economics einhergehen::

  • Wie verhalten sich die Nutzer ?
  • Wie entscheiden Nutzer ? 
  • Wie lässt sich Nutzerverhalten analysieren?
  • Wie kann man Nutzerverhalten „steuern“ oder „bahnen“ ?
  • Wie rational und irrational ist das Nutzerverhalten ?
  • Welche finanziellen Folgen hat das Nutzerverhalten ? Wie stark hängt das Entscheidungsverhalten vom Informationsverhalten ab et vice versa?
  • In welcher Reihenfolge werden Informationen wahrgenommen?
  • Werden alle Informationen zur Entscheidung herangezogen?
  • Welche kompensatorischen und nicht-kompensatorischen Entscheidungsstrategien haben die Nutzer?
  • Wie selektiv sind die Informationssuchprozesse in Abhängigkeit vom Entscheidungsproblem?
  • Welches Ausmaß nimmt die Informationssuche bei bestimmten Entscheidungssituationen?
  • Ist die Informationssuche options- oder attributsweise geprägt bezüglich der Entscheidungsproblematik?
  • Wie erfolgt die Informationsverdichtung (Informationsaggregation) in bestimmten Entscheidungslagen?
  • Welche Schlussfolgerungen lassen sich daraus für die Gestaltung von Informations- und Suchsystemen (SIS) ziehen?
  • Wie misst man neurobiologisch und –psychologisch die Nutzer-Zufriedenheit und die Akzeptanz von Informations- und Suchsystemen (SIS)?
  • Lassen sich mit Brain-Computer-Interaction-Systemen administrative Arbeitsabläufe automatisieren, indem Systeme Gedanken des Nutzers erkennen und ohne Betätigung eines Eingabegeräts (Maus, Tastatur) mit der Informationssuche und –verarbeitung beginnen ?
  • Lässt sich damit die Benutzerfreundlichkeit von Such-/Informationssystemen (SIS)-Systemen erhöhen ?
  • Wie lässt sich die Effektivität/Effizienz von Arbeitsprozesse in Gruppen und der damit verbundenen Entscheidungsqualität durch Einsatz von Such- und Informationssysteme aus information behavior-Sicht optimieren ?

  • Wie müssten die Funktionalitäten und/oder das Design von Informations- und Suchsystemen (SIS)  konstruiert bzw. wissensrepräsentiert sein, damit diese (a) die Aktivierung der für die Kooperation verantwortlichen Gehirnareale bewirken oder (b) die negative Aktivierung von schädlichen Gruppenkonkurrenzen unterdrückt?
  • Lassen sich SIS oder „elektronische Märkte“ (z.B. Online Shop) mit ihren Unsicherheiten informationspsychologisch verbessern?
  • Welche Erkenntnisse zeigt die neurobiologische Vertrauens- und Fairnessforschung hierzu?
  • Wie lässt sich aus gleicher wissenschaftlicher Sicht Misstrauen in Informations- und Suchsystemen (SIS) abbauen etc. ?

Behandelt werden sollen folgende Gesichtspunkte:

  1. Information und Entscheidung: Grundbegriffe und Differenzierungen (Entscheidung bei Risiko/Unsicherheit/Sicherheit)
  2. Traditionelle Ansätze der Informationsökonomie und der herkömmliche Entscheidungstheorie (Bernoulli-Denken, μ-σ-Kriterium, Nutzenfunktion, Rationalität)
  3. Erwartungswert und Erwartungsnutzenwert (St. Petersburger Münzspiel). Kritik der klassischen Nutzentheorie; Allais-Paradoxon
  4. Psychologische und kognitionswissenschaftliche Grundlagen der Informationswahrnehmung, -verarbeitung und –vermittlung
  5. Neurobiologische Basics der Informationswahrnehmung/-verarbeitung und Entscheidungsfindung
  6. Heuristische Verfahren der Komplexitätsreduktion und Urteilsfindung: Simplification, Mental Accounting, Verfügbarkeitsheuristik, Informationsvernachlässigung, selektive Wahrnehmung, Contrast-Effect, Spreading-apart-Effekt, Primat-Effekt, Priming-Effekt/Bahnungseffekte, Wahrscheinlichkeitsschätzung, Compatibility-Effect), Verankerungsheuristik (Anchoring und Adjustment), Repräsentativitätsheuristik (Conjunction fallacy, Gambler’s fallacy, Conditional probability fallacy), Bedingte Wahrscheinlichkeiten (Likelihood-Verfahren, Bayes Theorem), Attributionstheorie (dispositionale, situative Attribution, Fundamentale Attributionsfehler);
  7. Referenzpunktanalytik (Adaptionsniveau), Psychophysik, Bezugspunkte und abnehmende Sensitivität, Ambiguitätseffekt
  8. Prospect Theory – ein verhaltenswissenschaftlich-deskriptiver Erkärungsansatz der Informationswahrnehmung und Entscheidung für die Praxis; Modell der Werte-Funktion (value function); Wahrscheinlichkeitsgewichtungen; Konkave und konvexe Kurvenverläufe und deren Interpretation; Loss aversion
  9. Variationen der Prospect-Theory: Reflection-Effect und Risikoaversion; Framing-Effect; Dispositionseffekt; Sunk cost-Phänomen; Hedonic Framing (Mentales Verbuchen); Seggregation und Integration; Bezugspunktverschiebungen und deren Auswirkungen; Certainty-Effect; Common different-Effect; Immediately-Effect, Happy-Endings-Effect, Overconfidence
  10. Bias-Phänomene: Home-Bias, Hindsight-Bias, Chunking, Confirmation Bias, Domestic Bias, Ingroup-Bias, Mindguard-Bias, Omission Bias, Status-quo-Bias
Niveaustufe / Level Spezialisierung (specialized level course)
Lehrform / SWS Seminar (4 SWS)
Arbeitsaufwand / Workload 128 Stunden
Units (Einheiten)
Notwendige Voraussetzungen
Empfohlene Voraussetzungen

Interesse an verhaltenswissenschaftlichen, informationspsychologischen und verhaltensökonomischen Fragestellungen und Qualifikationen für Aufgaben im Online-Marketing-, Wirtschafts- und Finanz-, Marktforschungs-, Bibliotheksmanagement- oder Wissenschaftsbereich mit Fokus auf experimentelle und empirische Nutzerverhaltens-, Informations- und Suchverhaltensanalytik

Häufigkeit des Angebots Turnus jährlich
Anerkannte Module Siehe § 19 ABPO
Medienformen
Literatur
  1. Kahneman, Daniel; Slovic, Peter; Tversky, Amos: Judgement under uncertainty: Heuristics and biases; Cambridge University Press, Cambridge, MA 1982.
  2. Jungermann, Helmut; Pfister, Hans-Rüdiger; Fischer, Katrin: Die Psychologie der Entscheidung; Elservier Spektrum Akademischer Verlag, 2.Aufl., Heidelberg 2005.
  3. Nitzsch, Rüdiger von: Entscheidungslehre; Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart 2002
  4. Thaler, R.; Sunstein, C.: Nudge. Wie man kluge Entscheidungen anstößt. New York 2010
  5. Dubben, Hans-Hermann; Beck-Bornholdt; Hans-Peter: Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit. Logisches Denken und Zufall; Rowohlt Verlag, Hamburg 2005
  6. Roth, Gerhard: Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten. Stuttgart 2007
  7. Vorlesungsunterlagen
Stand: 09.09.2013, 10:28:02. Ältere Versionen im Archiv.